In den labyrinthartigen Fluren des Lübecker Universitätskrankenhauses, eines der größten Deutschlands, verlieren Patienten wie Besucher schnell einmal jedes Gefühl von Raum und Zeit. Die Zukunft der Medizintechnik liegt gleich nebenan, im 3D-Druck-Labor des Instituts für Neuroradiologie, geleitet von Prof. Peter Schramm.
Arterien per Stereolithographie
Dort ist auch der Arbeitsplatz von Dr. André Kemmling, ein Neuroradiologe und Forscher, der mit hochpräziser SLA-Technologie Gehirnarterien mit einem formlabs Form 2 3D-druckt. Mit den gefertigten Arterien können Operationen personalisiert und somit Risiken, wie beispielsweise Schlaganfälle, reduziert werden.
Präzision gefragt
Nach jahrelanger Erfahrung in der Notaufnahme weiß Kemmling, dass bei endovaskulären Operationen nicht nur Zeit sondern auch Präzision eine große Rolle spielt: Millimeter entscheiden zwischen Leben oder Tod. Selbst modernste Instrumente funktionieren nur dann, wenn sie auch genauestens platziert werden.
Vorteile der Replika
Anhand von anatomisch exakten, 3D-gedruckten 1:1 Replika der Gehirnaterien, die der Neuroradiologe mithilfe von CT-Aufnahmen seiner Patienten fertigt, kann er den bevorstehenden Eingriff durchspielen. Mit seinem 3D-Drucker kann er durchscnittlich vier Patientenfälle täglich fertigen, auf herkömmliche, anatomisch meist ungenauere Silikonmodelle müsste man mehrere Wochen warten.
Anhand der personaliserten Kunstharz-Replika kann Kemmling seinen Patienten seine angedachte Vorgehensweise während der OP vorab schildern und er kann mit solch einer Alternative noch dazu auf Tierversuche verzichten.
Bisher operierte Dr. Kemmling mit dieser Methode über hundert Patienten erfolgreich. Zwar sei diese Zahl noch nicht repräsentativ, aber fest stünde, dass der 3D-Druck die Eingriffe beschleunigt und sicherer macht.
Weitere Projekte
Das Institutsteam für Neuroradiologie organisiert im 3D-Labor des Krankenhauses regelmäßige Workshops und veranstaltet Kurse auf internationalem Niveau, damit sich Fachärzte austauschen können.
Darüber hinaus inspirierte Kemmling eine andere Forschungsgruppe, die nun Blutgerinnungsmedikamente an seinen 3D-gedruckten Modellen testen.