In einer Welt, in der nahezu alles, mit dem wir täglich interagieren, von Menschen entworfen und gefertigt wird, stellt sich eine spannende Frage: Was passiert, wenn wir das Design den Algorithmen überlassen? Genau diesem Experiment widmet sich ein visionäres Projekt – ein Bauteil, das komplett von künstlicher Intelligenz (KI) entworfen wurde, soll mittels 3D-Druck aus Titan realisiert werden. Der folgende Bericht gibt einen tiefen Einblick in die revolutionären Prozesse, Materialien und Technologien, die dieses Vorhaben ermöglichen.
Design-Revolution durch KI
Traditionelle Konstruktionen erfordern oft Wochen oder sogar Monate an Detailarbeit. Was aber, wenn komplexe Teile algorithmisch entworfen werden könnten? Mithilfe einer innovativen, algorithmischen Engineering-Plattform von Hyperganic wurde ein hochkomplexer Bauteilkörper – ein Einspritzkopf für einen Raketentriebwerk – entwickelt.
Die KI optimierte dabei kritische Designparameter in Sekundenschnelle. So erhielt der Einspritzkopf sechs individuell angepasste Brennkammern, in denen jeweils ein coaxialer Swirl-Injektorelement integriert ist. Interessanterweise variieren die Durchmesser der Injektorelemente: Diejenigen näher am Zentrum besitzen einen größeren Durchmesser, was für ein optimales Mischverhältnis sorgt, ohne dass die Bauteilkanten gefährdet werden. Dank dieser algorithmischen Herangehensweise entfällt der langwierige manuelle Optimierungsprozess, was Zeit spart und völlig neue Designmöglichkeiten eröffnet. Darüber hinaus wird die Plattform – komplett Open Source – am 15. Juni weltweit verfügbar sein, sodass Ingenieure rund um den Globus eigene, innovative Bauteile erschaffen können.
Titan: Material der Zukunft
Für den 3D-Druck dieses KI-entworfenen Bauteils kommt Titan zum Einsatz – und zwar nicht irgendein Titan, sondern Ti-6Al4V, Grade 23. Dieses Titan-Metallpulver besticht durch eine Partikelgröße von 15 bis 45 Mikrometern (etwa 0,0006 bis 0,0017 Zoll), was für eine hervorragende Detailgenauigkeit und Festigkeit sorgt. Rund 37,5 Kilogramm dieses Pulvers werden in einem speziell dafür ausgelegten Supply-Zylinder verwendet. Ein besonders innovatives Detail: Der 3D-Drucker „True Print 2000“ arbeitet mit einer Titan-Bauplatte, die aus dem gleichen Material gefertigt ist, um eine sichere Verschmelzung (Welding) während des Druckvorgangs zu gewährleisten.
Der 3D-Druck-Prozess: Präzision in mehreren Schritten
Der Weg vom digitalen Modell zum physischen Bauteil ist ein faszinierender Prozess, der modernste Additive Manufacturing-Technologien kombiniert:
Vorbereitung und Materialhandling:
Zunächst wird das Titanpulver – geliefert von AP and C – in den Supply-Zylinder gefüllt. Da Titanpulver reaktiv ist, wird besonderes Augenmerk auf Sicherheitsmaßnahmen gelegt, etwa das Anbringen eines Erdungskabels, um statische Aufladungen zu vermeiden.
Einrichten der True Print 2000:
Mit Hilfe eines Setup-Wizards werden unter anderem der titaniumbasierte Build-Plate und ein spezieller „Recoder Lip“ installiert. Durch präzise Einstellung des ersten Layers – der Bauplatte wird etwa einen Millimeter unter Null positioniert und schichtweise mit Titanpulver beschichtet – wird eine perfekte Grundlage für den anschließenden Druck gelegt.
Multi-Laser-Zuweisung und Druckstart:
Das digitale Modell des Einspritzkopfs wird hochgeladen und der Multi-Laser-Funktion zugewiesen, wodurch unterschiedliche Laserstrahlen (angezeigt durch orange und gelb) synchron arbeiten. Nachdem alle Parameter abgestimmt sind, beginnt der Druckvorgang – ein Prozess, der 48 Stunden in Anspruch nimmt und das Bauteil ohne jegliche Stützstrukturen entstehen lässt.
Post-Processing:
Nach Abschluss des Drucks wird das Bauteil mithilfe einer speziellen Vorrichtung (AV35) von der Bauplatte gelöst. Ein intelligentes Design ermöglicht einen Cutaway an der Front, der einen detaillierten Blick auf die innere, hochkomplexe Geometrie des Einspritzkopfs erlaubt – ein Beweis für die Präzision und Leistungsfähigkeit des algorithmischen Designs.
Innovation, die die Fertigungswelt revolutioniert
Der Erfolg dieses Projekts zeigt eindrucksvoll, wie die Kombination von KI, algorithmischem Design und modernsten 3D-Druck-Technologien den Weg für völlig neue Fertigungsprozesse ebnet.
Stell dir vor, Ingenieure könnten Stunden an Arbeit einsparen, indem sie komplexe Designs von Algorithmen erstellen lassen – und dann in nur wenigen Tagen ein voll funktionsfähiges Bauteil aus Titan drucken. Dies ist nicht nur ein Fortschritt für die Luft- und Raumfahrt, sondern auch für Bereiche wie Bioprinting und industrielle Fertigung. Die Fähigkeit, auf diese Weise hochkomplexe, optimierte Designs zu realisieren, hebt die additive Fertigung auf ein völlig neues Level.
Fazit
Die 3D-Druck-Revolution hat einen weiteren Meilenstein erreicht: Ein Bauteil, das vollständig von künstlicher Intelligenz entworfen wurde, wurde erfolgreich in Titan gedruckt. Von der algorithmischen Optimierung der Einspritzelemente bis hin zur präzisen Verarbeitung von Titanpulver – dieses Projekt demonstriert, wie Additive Manufacturing und KI gemeinsam die Zukunft der Fertigung gestalten können.
Bei 3D Make feiern wir solche Innovationen, die nicht nur technisch faszinieren, sondern auch das Potenzial haben, ganze Industrien zu transformieren. Die Zukunft der Fertigung ist da – und sie wird von intelligenten Algorithmen und modernsten 3D-Drucktechnologien geprägt. Bleib gespannt und folge uns auf dieser aufregenden Reise in eine neue Ära des Designs und der Produktion!