Um die Produktionskosten für Spritzguss-Formen niedrig zu halten, eignet sich der 3D-Druck. Darüber hinaus kann mit der Wahl dieser Fertigungstechnik Herstellungszeit gespart werden.
Einleitung
Additive Fertigung ist zweifellos ein vielseitig einsetzbares Fertigungsverfahren. Auch wenn es von Natur aus Nachteile mit sich bringt, werden dessen Vorteile in industriellen Anwendungen der unterschiedlichsten Wirtschaftszweige genutzt. Ein Beispiel hierfür ist die Massenfertigung von Spritzgussteilen. Diese geht einher mit einer Vielzahl von Herausforderungen bei der Herstellung der Gussform wie der Formkomplexität, Herstellungskosten und dem Zeitaufwand. Auf Grund dieser Einschränkungen besteht der Bedarf an alternativen Methoden zur Herstellung von Formeinsätzen. Lösungen bieten additive Fertigungsmethoden wie 3D-Druck-Technologien, die die Herstellung von Formeinsätzen in kürzester Zeit ermöglicht. Zudem wird das iterative Testen der Gussform, welches bekanntlich hohe Kosten verursacht, deutlich günstiger. In Anbetracht der Kosten haben sich Kunststoffe als das Material der Wahl für den 3D-Druck von Gussformen herauskristallisiert. Allerdings sind nur wenige Polymere bis zu einer Temperatur von 260 °C strukturell stabil, welche normalerweise im kommerziellen Kunststoffspritzguss angewandt wird. Diese Polymere spielen derzeit noch keine große Rolle in den 3D-Druck-Technologien, trotz der jüngst vorgestellten Errungenschaft, das Hochtemperaturpolymer PEEK (Polyetheretherketon) durch die 3D-Druck-Verfahren selektives Lasersintern/Laserschmelzen (SLS, SLM) und Fused Filament Fabrication (FFF) zu verarbeiten. Die laserbasierten Systeme sind im Allgemeinen übermäßig teuer in Bezug auf Maschinenpreise und laufende Kosten, während das FFF System deutlich erschwinglicher ist und geringere laufenden Kosten aufzeigt. Die Kombination des hochtemperaturbeständigen PEEK und der FFF 3D-Druck-Technologie eröffnet eine neue Möglichkeit der kosteneffizienten Herstellung von Formeinsätzen.
Flexibilität der FFF 3D-Druck Technologie bei der Gussformenherstellung
Die FFF 3D-Druck Technologie wurde speziell für thermoplastische Materialien entworfen. Derartige Polymere können in den verschiedensten technischen Anwendungen eingesetzt werden, in reiner Form oder gefüllt mit unterschiedlichen Materialien, um Eigenschaften einzustellen, welche im reinen Polymer nicht vorhanden sind. Eine der größten Herausforderungen für die Werkstoffe im Gussformentwurf ist die Wärmeleitung des flüssigen Materials, welches die Gussform an Stellen weit entfernt vom Einspritzpunkt füllt. Das Design muss die latente Wärme in der Schmelzmasse berücksichtigen, da der Erstarrungsprozess und die Formbildung der Schmelze zeitabhängig negativ beeinflusst wird.
Der thermische Einfluss auf die Polymermasse muss daher schnell reduziert werden, sobald der Formhohlraum einmal gefüllt ist. Dieser Prozess wird durch die Verwendung von Formeinsatzmaterial mit nennenswerter Wärmeleitung unterstützt.
Die meisten technischen Polymere haben eine Wärmeleitung im Bereich von 0.03 bis 0.5 Wm-1K-1. Dieser Wert ist zu gering, um die Wärme schnell aus der Schmelze über die Maschine abzuleiten. Auch ohne Einsatz eines durch Kühlmittel unterstützten Prozesses bleibt die Verwendung von adäquatem wärmeleitfähigem Material für die Formeinsätze eine bevorzugte Lösung im Ingenieurwesen. Deshalb können Formeinsätze, hergestellt aus Polymeren gefüllt mit hoch wärmeleitfähigen Materialen (wie Graphen <1500 bis 2500 Wm-1K-1>, Kohlenstoff-Nanoröhren <2000 bis 6000 Wm-1K-1>, Graphit <100 bis 600 Wm-1K-1> oder Aluminium <205 Wm-1K-1>), eine brauchbare Lösung darstellen.
Aufgrund des schichtweisen Aufbaus der Druckteile bleibt die Oberflächenqualität von in 3D-gedruckten Formen hergestellten Spritzgussteilen noch hinter Qualität zurück, die man von herkömmlichen Spritzgussformen kennt. Die Aufbaustruktur hinterlässt Spuren aufgrund der einzelnen übereinander gelegten Schichten, welche sich in der Oberflächenbeschaffenheit und -topographie des 3D-gedruckten Teiles niederschlägt. Da bei Formeinsätzen möglichst glatte Oberflächen gewünscht sind, kann es sinnvoll sein, die Oberfläche der 3D-gedruckten Gussform mechanisch oder chemisch zu polieren oder zu beschichten.
Es gibt Spritzgussform-Richtlinien die für 3D-Druck-Technologien noch nicht vollständig entwickelt sind. Diese Regeln berücksichtigen Aspekte des Spritzgussverfahrens wie die Platzierung von Auswerfstiften, Angussgestaltung und der Positionierung dieser Merkmale hinsichtlich des Schmelzflusses in Richtung des Formenhohlraums. Das Einhalten der Designrichtlinien ist zwingend erforderlich, jedoch können formschlüssige Formeinsätze mit FFF 3D-Druckern hergestellt werden, wenn sie einmal die Designregeln erfüllen.
Material- und technologiebezogene Herausforderungen an FFF 3D-gedruckte Formeinsätze
Entformen kann eine Herausforderung im Spritzgussprozess darstellen. Abhilfe schaffen kann man hier durch das Auftragen von Schmiermittel auf die Oberfläche der Einsätze, schnelle Füllung der Gussform mit höherem Druck und schnellem Abkühlen des Einsatzes. Um dem entgegenzukommen, können Hilfsmittel, welche schmierende Eigenschaften mitbringen, den Polymeren beigemischt werden. Die Festigkeitsanforderungen des Formeinsatzes können realisiert oder, bei besonders duktilen/biegefähigen Materialien, kompensiert werden, indem das Teil an bestimmten Stellen dicker gestaltet wird oder das Polymer mit einem Material mit relativ hoher mechanischer Steifigkeit gefüllt wird.
Die Größe der Gussformen die mit FFF 3D-Druck hergestellt werden wird von der Tatsache beschränkt, dass Objekte mit einem Volumen im Bereich von 200 mm x 200 mm x 200 mm am besten gedruckt werden können; oberhalb dieser Größe steigen die Herausforderungen an die Maßhaltigkeit enorm. Obwohl FFF 3D-Drucker mit einem effektiven Bauraumvolumen von 1 m³ bereits existieren, bleibt die Beherrschung der Bauteiltoleranzen in dieser Größe noch eine Herausforderung. Zudem können Gussformmerkmale mit einer Breite unterhalb 0,5 mm durch einen FFF 3D-Drucker schwierig herzustellen sein. Hier wird ein Nachbearbeitungsschritt wie Bohren oder Materialabtragung notwendig, um den Design-Richtlinien gerecht zu werden.
Aufgrund der Zusammensetzung der Polymere erlauben die thermische Wechselbeanspruchung und die mechanische Belastung während des Spritzgussprozesses nur eine begrenzte Verwendung des Gussformmaterials. Die thermisch-mechanische Ermüdung durch diese zyklischen Prozesse führt zu einem strukturellen Versagen des Materials. Daher ist die Anzahl der Einspritzungen abhängig vom Gussformpolymer auf 50 bis 100 Mal begrenzt; im Vergleich zu Formeinsätzen aus Metallen, die Einspritzungen bis zu 10.000 Mal ermöglichen. Dies ist der Grund, weshalb mit der FFF 3D-Druck-Technologie hergestellte Formeinsätze nicht für die Massenfertigung von Spritzgussteilen gedacht sind.
Die Unternehmensstrategie für FFF 3D-gedruckte Formeinsätze
Die derzeitige Herstellung von Spritzgussformen ist zeit- und kostenintensiv. Das liegt daran, dass das Design der Gussformen mit einem großen Zeitaufwand verbunden ist, aus einem metallischen Halbzeug gefräst werden muss, geprüft und dann in die Produktionslinie eingesetzt werden kann. Laut einiger Berichte kann die Zeit, die für die Produktion einer Gussform durch traditionelle Herstellungsarten, wie beispielsweise Zerspanung, benötigt wird, um bis zu 90% reduziert werden, wenn hierfür 3D-Druck-Technologie verwendet würde. Zudem könnten durch die Nutzung des 3D-Drucks die gesamten Herstellungskosten um bis zu 70% gesenkt werden. Dies ist eine enorme Reduktion der Entwicklungs- und Herstellungskosten. Aus diesem Grund und ungeachtet der Einschränkungen in Bezug auf FFF 3D-gedruckte Gussformen, ist es offensichtlich, dass 3D-gedruckte Formeinsätze entscheidende Vorteile für die Wirtschaftlichkeit jener Unternehmen bieten, welche im Spritzguss tätig sind.
Für gewöhnlich durchlaufen Konsumgüter Entwicklungszyklen, bei denen mehrere Modelle mit verschiedenen Designs erstellt werden, bevor eine endgültige Entscheidung darüber getroffen werden kann, welches Produkt letztendlich auf den Markt gebracht werden sollte. Für jedes der in Frage kommenden Produkte wird meistens ein Formeinsatz benötigt, um handfeste Musterteile herstellen zu können, die unter realen Betriebsbedingungen beurteilt werden können. Die Herstellkosten für jene Formeinsätze sind hoch, weswegen eine Technologie wie der 3D-Druck, der die kostengünstige Herstellung von Formeinsätzen sowie die Fähigkeit mit geringem Aufwand Veränderung am Design vorzunehmen bietet, eine attraktive Option für diesen Sektor darstellt.
Fazit
Formeinsätze mit dem FFF 3D-Druck herzustellen ist derzeit die kostengünstigste und schnellste Art und Weise für die Kleinserienfertigung. Das Material, das für den 3D Druck von Formeinsätzen benötigt wird, ist ein entscheidender Faktor. Die Entwicklung von Polymeren, die bei bis zu 260 °C mechanisch stabil sind, thermische Leitfähigkeit aufweisen und für den FFF 3D Druck geeignet sind, steht unmittelbar bevor. Vorangetrieben wird der Einstieg der 3D-Druck-Technologie durch Forschungsbestrebungen zum Verständnis des Material-verhaltens von Hochleistungspolymeren, die extremen Betriebsbedingungen Stand halten. Dies und die Tatsache, dass die Einsatzmöglichkeiten der 3D-Druck-Technologien in den jeweiligen Anwendungen der unterschiedlichen Industrien immer weitgreifender erkannt werden, verstärkt den Anreiz FFF 3D-gedruckte Formeinsätze in längeren Produktionsläufen einzusetzen.
Die Abbildung oben zeigt Formeinsätze hergestellt aus PEEK mit einem Apium P 155 3D-Drucker, welcher auf der FFF 3D-Druck Technologie basiert. Die Oberfläche des Formeinsatzes ist unbehandelt. Die Gesamtzeit für die Herstellung der abgebildeten Formeinsätze, mit einer Abmessung von 30 mm x 30 mm x 10 mm, betrug 3 Stunden für je eine Hälfte. Die reinen Materialkosten für einen kompletten Formeinsatz betragen 13 €. Um den nötigen Druck zu erzeugen, wurde der Formeinsatz in Metallblöcke eingefasst und mit Schrauben befestigt.
Autoren: Brando Okolo, Philipp Renner, Julian Scholz, Uwe Popp