Für komplexere Bauteile bis zu mittleren Stückzahlen ist die Additive Fertigung bestens geeignet, denn es werden hierfür keine Gießformen oder Schmiedegesenke gebraucht. Mit der TU Dresden widmet sich auch das Fraunhofer-Institut im „Zentrum für Additive Fertigung Dresden“ diesem spannenden Thema.
Die international viel beachtete Einrichtung ist das größte Kompetenzzentrum zur Entwicklung von High-Tech Bauteilen mittels 3D-Druck in Ostdeutschland. Von hier aus wird auch das europaweit größte Forschungsvorhaben zur Additiven Fertigung „AGENT-3D“ geführt.
Gegenwärtig liegen dem Fraunhofer IWS vom Projektträger Forschungszentrum Jülich GmbH bereits Bewilligungen von Strategie-, Management- und Technologieprojekten im Wert von 4 Mio. Euro vor. Eine Vielzahl an Unternehmen partizipiert ebenfalls an dem Programm.
Breites Feld an Werkstoffen und Verfahren
Die Dresdner Spezialisten setzen dabei auf eine breite Werkstoff- und Verfahrenspalette. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist es, Kunden aus der Wirtschaft und Partnern aus der Forschung technisch und wirtschaftlich bestmögliche Lösungen anbieten zu können, denn wir haben alle derzeit für die industrielle Anwendung relevanten Additiven Fertigungsverfahren unter einem Dach zusammengeführt“, erläutert Prof. Christoph Leyens die strategische Ausrichtung des Zentrums.
„Auch in der Vielzahl der Werkstoffe, die wir verarbeiten können, sind wir führend: von metallischen Hochleistungswerkstoffen, über Kunststoffe, Keramiken und Multimaterialsysteme ist für jeden Anwendungsfall der geeignete Werkstoff dabei. Und ständig wird die Zahl der verfügbaren Werkstoffe erweitert.“ Der Werkstoffwissenschaftler leitet im Fraunhofer IWS die anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zur Additiven Fertigung; gleichzeitig erforscht der Professor mit seinem Team von der Technischen Universität Dresden grundlegende werkstoffwissenschaftliche Fragestellungen im Bereich 3D-Druck.
Diese geballte Expertise nutzen Unternehmen aus dem Bundesgebiet, aus Europa und der gesamten Welt, um gemeinsam mit den Dresdner Forschern neuartige Bauteile mittels 3D-Druck zu ermöglichen. „Wir entwickeln in Dresden heute schon Produkte von Morgen“, sagt Prof. Eckhard Beyer, Leiter des Fraunhofer IWS und ebenfalls Professor an der TU Dresden. „Unsere Kunden erhalten bei uns alles aus einer Hand, von der Prozessentwicklung bis hin zur Qualitätsprüfung der Bauteile.“
Additive Fertigungsverfahren made in Dresden für Flugzeugtriebwerke, Raketenantriebe und Kraftwerke
Größten Zuspruch erhalten die Spezialisten derzeit aus den Gebieten Luft- und Raumfahrt, Energie- und Medizintechnik sowie Automobiltechnik und Werkzeugbau. Dresdner High-Tech hat u. a. Eingang in die neueste Triebwerksgeneration moderner Flugzeuge gefunden, zeigt sich hochbelastbar in Raketenantrieben für die Raumfahrt und schafft wirtschaftliche Lösungen für den Kraftwerksbau.
Neben den typischen Additiven Fertigungsverfahren zur Bauteilherstellung im Pulverbett, bei denen Metallpulver mittels Laser- und Elektronenstrahl schichtweise zu einem Festkörper verschmolzen werden, setzen die Dresdner auch auf Prozesse, bei denen Pulver oder Draht lokal zugeführt und mittels Laserstrahl aufgeschmolzen werden. Somit können nicht nur komplexe Formen im Pulverbett realisiert sondern auch große Bauteile hergestellt werden.
Zurzeit wird an einem Bauteil getüftelt, das mit einem Durchmesser von drei Metern mit einem Robotersystem gedruckt und gleichzeitig gefräst werden kann: absolutes Neuland, aber wenn das Experiment gelingt, bedeutet dies einen enormen Zeitgewinn im Vergleich zu dem herkömmlich gefrästen Bauteil und erhebliche Kosteneinsparungen.
Zerstörungsfreie Bauteilprüfung
Nicht immer arbeiten die neuen Fertigungsverfahren fehlerfrei. Damit auch kleine Risse oder Poren, die später im Bauteil zu Qualitätsproblemen führen, entdeckt werden können, stehen im „Zentrum für Additive Fertigung Dresden“ Computertomograph sowie Röntgendurchstrahlung für zerstörungsfreie Bauteilprüfung zur Verfügung. Zusammen mit detaillierten Werkstoffuntersuchungen und -prüfungen entsteht somit ein genaues Abbild des Herstellungsprozesses und der Eigenschaften der Bauteile.
Nur wenn die Qualität stimmt, können die Bauteile für den Einsatz freigegeben werden. Durch die enge Verzahnung von Prozess- und Werkstoffwissen erarbeiten die Spezialisten aus Dresden auch für schwer verarbeitbare Werkstoffe maßgeschneiderte, industrietaugliche Lösungen.
Einen Überblick über den Entwicklungsstand und potenzielle Anwendungsgebiete der Additiven Fertigung bietet das 2. Symposium zur Additiven Fertigung, welches am 8. und 9. Februar 2017 in Dresden stattfindet. Neben prozess- und systemtechnischen Lösungen bietet das Symposium auch ein Forum für die Themen Qualitätskontrolle und -sicherung sowie Marktentwicklung und Geschäftsmodelle.
Markt für Additive Fertigungsverfahren steigt rasant
Der Markt für Additive Fertigungsverfahren und additiv gefertigte Produkte steigt rasant. Dementsprechend wächst auch die Zahl der Unternehmen, die sich für die neue Fertigungstechnik interessieren, stark an. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ geförderten Projektes „AGENT-3D“ führt das Fraunhofer IWS ein Konsortium mit mehr als 100 Partnern, überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen aus Ostdeutschland, um gemeinsam die Potenziale der Additiven Fertigung auszuloten, bestehende technologische und wirtschaftliche Grenzen zu überwinden und Wachstum zu schaffen.
Bis 2020 stellt das BMBF bis zu 45 Mio. Euro Fördermittel zur Verfügung, die durch Industriebeteiligungen in ungefähr gleicher Höhe ergänzt werden. Dreh- und Angelpunkt für dieses in Europa bislang einmalige und größte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ist das „Zentrum für Additive Fertigung Dresden“, das nicht nur die Koordination des Projektes innehat, sondern als wichtiger strategischer und technologischer Impulsgeber die Entwicklung der Additiven Fertigung in Deutschland maßgeblich vorantreibt.
Quelle: hdt